Seelsorge während des Warschauer Aufstands

          Am 1. September 1939 haben die Nazis, ohne den Krieg zu erklären, die Grenze der Republik Polen überquert. Am 17. September kam dazu noch ein weiterer Angreifer - Russland. Trotz des Widerstands musste die Polnische Armee die Überlegenheit des Feindes anerkennen. Nach einigen Wochen von Kämpfen wurde Polen durch die feindlichen Armeen okkupiert.
          Die polnische Regierung wollte die Kapitulation nicht unterschreiben. Deshalb hat sie die polnische Grenze mit Rumänien überquert, um ihre Tätigkeit auf der Emigration fortzusetzen. Ein Teil der Soldaten und Offiziere gelang in Gefangenschaft, ein Teil, genauso wie die Zivile Bevölkerung, hat den Heimatort verlassen, um dort den Kampf mit Deutschland aufzunehmen.
          Im Inland bildete sich schon im Herbst des Jahres 1939 ein Keim des Polnischen Untergrundstaates. Polnische Offiziere, die in der Heimat blieben und nicht in Gefangenschaft gelangen, fingen an konspirative Streitkräfte des Polnischen Untergrundstaates zu gründen. Wie jedesmal in der polnischen Geschichte, hat auch die Militär-Seelsorge ihren Dienst aufgenommen.
          Bevor der Militärbischof der Polnischen Armee Priester Jozef Glawina Warschau verließ, ernannte er am 8. September 1939 den Priester Major Stefan Kowalczyk, den Militärseelsorger des 36. Infanterieregiments von Legia Akademicka, zum Generalvikar für den ganzen Staat. So wurde die Kontinuität der geistlichen Amtsgewalt in der Armee auf dem Gebiet von Polen bewahrt.
          Mitte des Jahres 1941 hat der Hauptkommandant der Heimatarmee, Gen. Stefan "Grot" Rowecki", den Priester Oberst Tadeusz "Budwicz" Joachimowski zum Oberkaplan der Heimatarmee berufen. Diese Entscheidung wurde von Militärbischof J. Glawina bestätigt, indem er ihn zum Oberkaplan der Streitkräfte im Inland ernannte.


Pfarrer Oberst Tadeusz Joachimowski "Budwicz"

          Die Ernennung wurde im Jahre 1943 durch den Oberbefehlshaber Gen. Wladyslaw Sikorski akzeptiert. So wurde die Situation in der konspirativen Seelsorge geregelt. Der Seelsorge-Dienst in der Untergrundarmee wurde ausgebaut und vereinheitlicht. Das Gebiet von Polen vor dem 1. September 1939 wurde in sechs Bereiche aufgeteilt. Zum jeden Bereich wurde ein Dekan berufen. Diese Bereiche wurden in Bezirke aufgeteilt und wurden von Bezirk-Dekanen geführt. Diese wiederum in Kreise, Bezirke und Einrichtungen.
          Priester Oberst T. Joachimowski erhielt den Decknamen "Nakasz" (pl. Naczelny Kapelan Sił Zbrojnych), Oberkaplan der Streitkräfte. Zum Sitz der Militärkurie wurde das Krankenhaus des hl. Rochus von Montpellier am Krakauer Vorstadt (pl. Krakowskie Przedmiescie) in Warschau bestimmt. Die Unterlagen der Kurie wurden im Gebäude an der Koszykowa-Str. 78 (in der Nähe des heutigen Krankenhauses des Verteidigungsministeriums) zugemauert, wo sie während des Aufstands in Flammen gesetzt wurden. Die Geheimemilitärkurie der Heimatarmee (genannt auch Führung des Seelsorge-Dienstes) wurde von folgenden Personen angeführt:
          - Generalvikar der Polnischen Armee Priester Oberst Tadeusz "Budwicz" Joachimowski;
          - I Stellvertreter Prälat Oberst Jerzy Sienkiewicz, Pseudonym "Guzenda" und "Juraha";
          - II Stellvertreter Priester Major Stanislaw "Pilica" Malek, vor dem Krieg Dekan von DOK 1 und KOP (de. Grenzschutzkorps), ehemaliger Kaplan und Pfarrer der Garnisonkirche in Rembertow;
          - Kanzler der Kurie Priester Zbigniew "Ksiadz Antoni" Kaminski, Rektor der Universitätskirche der hl. Anna; er bekleidete öffentlich das Amt des Krankenhauskaplans.
          Dem Priester "Budwicz" unterlag der ganze Seelsorge-Dienst der Heimatarmee. Seine Aufgaben konnte er dank den ernannten Bezirk-Dekanen der Heimatarmee erfüllen. Zum Dekan des Kommando-Gebiets von Warschau wurde Priester "Pilica" ernannt. Nachdem der Warschauer Bezirk vom Warschauer Gebiet ausgeschlossen, abgetrennt und direkt an die Hauptkommandantur der Heimatarmee untergeordnet wurde, den Posten des Dekan des Warschauer Bezirks bekleidete der Priester Major/Oberstleutnant Stefan Kowalczyk, Pseudonym "Biblia" (de. die Bibel) und "Vikagen".


Stempel der Führung der Seelsorge des Kommando-Gebiets von Warschau der Heimatarmee

          Wegen des großen Umfangs und der Vielzahl von Abteilungen der Heimatarmee wurde der Kreis Warschau in vier Unterkreise (Vize-Dekanate) geteilt:
          - Warschau Süden (südlich der Jerusalemer Alleen in Warschau) - Vizedekan Priester Staniswaw Piotrowski, Pseudonym "Jan I ", Stellvertreter von Priester "Biblia";
          - Warschau Nord (nördlich der Jerusalemer Alleen in Warschau) - Vizedekan Priester Kaplan Jan Salamucha "Jan"; von St.-Jakobs-Kirche am Narutowicz-Platz, Dozent der Fakultät für Theologie an der Jagiellonen-Universität in Krakau);
          - Warschau Praga - Vizedekan Priester Jan Kitlinski "Szczepan";
          - Warschau-Kreis - Vizedekan Priester Leon Pawlina, Direktor des Katholischen Hauses "Roma" an der Nowogrodzka-Str.
          Den Vizedekanen wurden Kreis-Militärseelsorger untergeordnet::
          - Kreis I Innenstadt - Dekan Priester Kaplan Jan Wojciechowski, Pseudonym "Korab";
          - Kreis II Zoliborz - Dekan Priester Kaplan Zygmunt Truszynski, Pseudonym "Alkazar";
          - Kreis III Wola - Dekan Priester Kaplan, Pseudonym "Strus" (de. Strauß);
          - Kreis IV Ochota - Dekan Priester Kaplan Jan Salamucha, Pseudonym "Jan";
          - Kreis V Mokotów - Dekan Priester Kaplan Mieczyslaw Mielecki, Pseudonym "Mietek";
          - Kreis VI Praga - Dekan Priester Kaplan Jan Kitlinski, Pseudonym "Szczepan";
          - Kreis VII Warschau-Kries - Dekan Priester Kaplan Leon Pawlina und Priester Kaplan Mieczyslaw Paszkiewicz, Pseudonym "Ignacy".
          Kreise wurden in Bezirken aufgeteilt, wo Bezirk-Militärseelsorger und sog. Sanitär-Militärseelsorger (Seelsorge für zukünftige Krankenhäuser) arbeiteten.
          In einzelnen Bezirken des Kreises VII ("Obroza") wurden folgende Personen zu:
          - Bezirk 1 Legionowo - Priester Kaplan Waclaw Szelenbaum, Pseudonym "Bonus";
          - Bezirk 2 Marki - Priester Kaplan Andrzej Ploszan und Priester Antoni Wisz;
          - Bezirk 3 Rembertww - Priester Kaplan Staniswaw Skrzeszewski;
          - Bezirk 4 Otwock - Priester Kaplan Jan Raczkowski;
          - Bezirk 5 Piaseczno - Priester Kaplan Jan Zając, Pseudonym. "Robak" (de. Wurm);
          - Bezirk 6 Pruszkow - Priester Kaplan Waclaw Herr;
          - Bezirk 7 Ozarow - Priester Kaplan Alfons Pellowski und Priester Kaplan Madej;
          - Bezirk 8 Lomianki - Priester Kaplan Jerzy Baszkiewicz, Pseudonym "Radwan".
          Solche Struktur des geheimen Militär-Seelsorge-Dienstes überdauerte bis zum Aufstand. Der Priester "Budwicz" beruf heimliche Besprechungen der Dekanen und Kreis-Militärseelsorger im Gebäude am Mirowski-Platz 18, an der Dluga-Str. bei den Pallotinern und in seinem Haus an der Hoza-Str. ein.
          Nicht alle Bezirke von "Obroza" nahmen am Aufstand teil. Diesbezüglich wurde der Seelsorgedienst nicht überall für den Kampf mobilisiert. In Bezirken, die zum Kampf beigetreten sind, war ihre Form sehr unterschiedlich, also auch die Rolle der Militärseelsorger war nicht überall gleich. Die heftigsten Handlungen des Bezirks VII "Obroza" war der Bezirk 8 Lomianki - Puszcza Kampinoska.

          Die Militärseelsorger führten konspirative seelsorgerische Handlungen durch, sowohl in konspirativen Stadt-Abteilungen, Sabotage-Gruppen und Partisantenabteilungen. Mann musste noch die Militärseelsorger in liturgischen Zubehör ausstatten, wie z.B. Feld-Ornate, Alben, Stola, Messbücher u.ä. Der Priester Hauptmann Waclaw "Anrzej Bobola" Karlowicz besorgte, dank der Hilfe der Arbeiter der Warschauer Faser-Fabrik an der Bem-Str., einige Ballen schwarzen und weißen Material. Aus diesem Stoff haben die Nonnen ungefähr 100 Stück Alben u.dgl. genäht. Sie wurden im Kapitelhaus der Kathedrale des hl. Johannes in der Altstadt gelagert.
          Die Arbeiter einer privaten Druckerei an der Skierniewicka-Str. haben heimlich und kostenlos über hundert Messbücher im Militärformat für Militärseelsorger angefertigt. In einem anderen Betrieb gelang es Priester "Andrzej" kleine Kruzifixe für Feldaltäre herzustellen. Für diese Arbeit wurde Priester "Andrzej" mit dem Silbernen Verdienstkreuz mit Schwertern ausgezeichnet.
          Der Generalvikar der Polnischen Armee Priester Oberst "Budowicz" schrieb einen Gebetbuch für die Soldaten der Heimatarmee unter dem Titel: Im Dienst von Christi und dem Vaterland, samt dem Gebet vor der Schlacht:
          Dich Bitte ich, o mein Gott, in diesem letzten Moment meines irdischen Daseins. Ich ziehe in den Kampf um den heiligen Glauben und das Vaterland zu verteidigen. Ich will bestmöglich meine Pflicht erfüllen. Gib mir Gott genug Kraft, Willensstarke und Mut, damit ich die Befehle meiner Vorgesetzten erfüllen kann und nicht die Ehre des polnischen Soldaten beflecke.
          Sollte ich am Schlachtfeld fallen, glaube ich, dass Du mich zu Dir nimmst, denn ich wollte immer Dein Soldat werden. Ich kämpfe um das Familiennest und die Erde zu beschützen.
          Falls ich Siegen sollte, werde ich keinen Ruhm suchen. Der Ruhm ist nicht für mich, sondern nur für Dich bis in alle Ewigkeit. Gott - Bewahre Deine Soldaten.
          Mein Schutzengel, verlasse mich nicht.
          Amen.


          In der Zwischenkreigszeit, im Vergleich zu anderen Städten Polens, war Warschau nicht allzu sehr religiös. Genauso wie in anderen europäischen Städten, interessierte sich die Mehrheit der Intelligenz für neue geistige Trends und viele der Arbeiter waren links orientiert.
          Dieser Stand der Dinge änderte sich nach dem Ausbruch des Krieges. Während der Okkupation, unter dem Schock des Niedergangs des Staates und ständiger Lebensgefahr, kehrten Tausende Menschen zur Religion zurück. Mann suchte Trost und Hoffnung.in Gebeten.
          In den ersten Jahren der Okkupation entstand der Brauch Kapellen und Hausaltäre im Hof zu errichten. Dieses Phänomen verbreitete sich sehr im Frühling des Jahres 1943, als Reaktion gegen die ansteigenden Terrorakte und tragische geschichtlichen Ereignisse (Katyn - die Sache wurde erst durch deutsche Medien am 13. April 1943 bekannt gegeben, Aufstand im Warschauer Ghetto, der Tod von Gen. Wladyslaw Sikorski am 4. Juli 1943).
          Der Brauch der Errichtung am Haus gelegenen Kapellen umfasste in nur ein paar Monaten alle Stadtviertel von Warschau. Die Kapellen und Hausaltäre bildeten einen typischen polnischen Brauch. Sie wurden dank freiwilligen Geldspenden der Bewohner eines Bürgerhauses errichtet. Ihr Aussehen hängte von der Größe des Hauses, dem Wohlstand und der Kreativität der Bewohner ab. Es gab sowohl kleinere aus Holz oder aus Metall Kästchen, die an Häusern aufgehängt wurden, als auch Kapellen die an speziellen Sockel gestellt wurden oder herrliche Gebäude, die im zentralen Teil eines Hofes sich befanden. Die Zeremonie der Weihe einer neuen Kapelle versammelte die ganze Gemeinschaft des Hauses.


Eine Kapelle im Hof eines Bürgerhauses in Warschau.

          Während der Okkupation hatten sie im Leben der Bewohner von Warschau eine vielfältige Rolle. Außer Orte für Gebete waren sie auch Treffpunkte, um Neuigkeiten zu erzählen oder Informationen auszutauschen. Man äußerte dort auch seinen Glauben an Gott und seinen eigenen Patriotismus. Sie wurden zum Bindemittel der örtlichen Gemeinschaft, zu der alle sozialen Gruppen gehörten. Dank ihr entstanden sehr starke zwischenmenschliche Verhältnisse.

          Am Morgen des 1. August 1944 erhielt die Militärkurie der Heimatarmee den Befehl zum Aufstand. Der Priester Major/Oberstleutnant Stefan "Biblia" Kowalczyk, Dekan des Kreises, begann um 11 Uhr im Haus der Pallotiner an der Dluga-Str., der Vorkriegshauptsitz der Bischöflichen Feldkurie, eine Besprechung mit 14 Vize-Dekanen und Kreis-Militärseelsorgern. Die letzten Befehle und Anordnungen wurden erlassen, Bestimmungen betreffend der Organisation während des offenen Kriegs wurden getroffen, ein gemeinsames Gebet wurde um Erfolg bei dem Aufstand abgehalten.
          Die ersten Tage des Aufstands waren sehr tragisch für die Feldkurie der Heimatarmee. Der Oberkaplan der Heimatarmee Priester Oberst Tadeusz "Budwicz" Joachimowski befand sich zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Aufstands im Haus an der Elektoralna-Str. 47. Dieses Haus stand auf einem Niemandsland, zwischen aufständischen Einrichtungen und deutschen Stellungen. In solcher Situation hatte "Budwicz" keinen Einfluss auf die Handlungen des, ihm unterliegenden, Seelsorge-Dienstes; Er hatte auch keine Verbindung mit der Hauptkommandantur der Heimatarmee und der Kommandantur des Warschauer Bezirks der Heimatarmee. Er wartete, trotzt der Nachricht dass die Deutschen sich nähern, auf Befehle von der Hauptkommandantur der Heimatarmee. Er hat sich nicht nach hinten zurückgezogen und am 7. August fiel er samt den Zivilisten in die feindlichen Hände. Die Deutschen haben ihn an eine Gruppe von Männern angeschlossen, die an die Zugrampe in Wola getrieben wurde. Für die Nacht wurde eine Gruppe von Polen in der Kirche des hl. Adalberts eingeschlossen. Am Morgen, als die deutschen sie zum Transport führten, sah ein Begleitschützer den Priester, nahm ihn aus der Gruppe heraus und erschoss ihn mit seiner Pistole.
          Am 8. August gelang sein I-Stellvertreter der Priester Prälat Oberst Jerzy "Guzenda" Sienkiewicz, der sich in seinem Quartier an der Leszno-Str. aufhielt, in die deutschen Hände. Zum Glück teilte er nicht das Schicksal seines Vorgesetzten. Mit der zivilen Bevölkerung wurde er ins Durchgangslager in Pruszkow transportiert. Nach kurzem Abenteuer konnte er aus diesem Ort fliehen. Danach floh er nach Krakau.
          Der II-Stellvertreter Priester Major Stanilsaw "Pilica" Malek befand sich während des Aufstands in Praga. Er hatte keine Möglichkeit die Leitung über die Seelsorge während des Aufstands zu übernehmen.
          In dieser Situation hatte die Feldkurie, nach dem Ausbruch des Aufstands, keine Leitung.
          Der älteste Militärseelsorger, des Postens wegen, war Priester Major/Oberstleutnant Sefan "Biblia" Kowalczyk, Dekan des Warschauer Bezirks. Er übernahm die Aufgabe die Strukturen des Seelsorge-Diensts wieder aufzubauen, indem er bei der Kommandantur des Warschauers Bezirks der Heimatarmee den Referat für Militärseelsorge bildete. Der amtierende Oberkaplan der Priester Oberst "Biblia" ging Mitte August, unter der Obhut der Fremdenführerin Teresa Wilska, durch die Kanäle in die Altstadt über und besuchte die dortigen Militärseelsorger.


Priester Oberstleutnant Stefan "Biblia" Kowalczyk

          Der Wiederaufbau der Struktur zum Zeitpunkt des Ausbruchs des Aufstands war sehr erschwert, weil ein Teil der Priester war von den Mobilisierungspunkten abgeschnitten. Die Mehrheit der Militärseelsorger der Stadt erhielt nicht rechtzeitig die Befehle und konnte nicht an angewiesenen Orten zur "W-Stunde" sich stellen. Die geplanten organisatorischen Handlungen wurden durch Improvisation ersetzt.
          Die ganze Verantwortung fiel auf die Militärseelsorger und Pfarrer. Die Arbeit eines Militärseelsorgers sah ganz anders in verschiedenen Stadtteilen aus. Doch überall war die Anwesenheit des Priesters erwartet und notwendig.
          Außer den erwähnten Bezirk-Militärseelsorger gab es auch Militärseelsorger für aufständische Konzentrationen und Bataillonen. Bestimmte Militärseelsorger kümmerten sich auch um aufständische Krankenhäuser.

          In Puszcza Kampionska, wo die Abteilungen des 8. Bezirks des VIII Kreises "Obroza" kämpften, war Priester Kaplan Jerzy "Radwan I" Baszkiewicz der Leiter des Seelsorge-Diensts während der Konspiration und des Aufstands. Er wurde u.a. durch Priester Stefan "Radwan III" Wyszysnki unterstützt, dem damaligen Kaplan im Feld-Krankenhaus der Gruppe "Kampinos" in der Anstalt für Blinde in Laski (Gemeinde Izabelin). In Polen wird er auch Primas des Jahrtausends genannt.
          Die Arbeit war hier ein bisschen sicherer, man musste nicht jeden Tag, der Bombardierungen wegen, um das Leben fürchten. Das Gebiet war jedoch sehr Groß und man musste viele Kilometer wandern um die heiligen Sakramente zu spenden. Die Militärseelsorger besuchten auch weit entfernte Einheiten um dort ihren Dienst zu leisten. Mehrfach befanden sie sich im Glut des Kampfes. Den Abteilungen, die auf größere Kampfaktionen abmarschierten, erteilte man eine Absolution in articulo mortis.
          Jeden Samstag und an Feiertagen wurden in Wiersze Feld-Gottesdienste abgehalten. An ihnen nahmen Partisanen und Bewohner teil. Es wurden zahlreiche Kommunionen erteilt, Ehen wurden geschlossen und Kinder wurden getauft.


Feldgottesdienst in Wiersze

          Die Militärseelsorger, die in Warschau tätig waren, hatten zahlreiche Pflichten. Sie nahmen die Eide entgegen, segneten Fahnen der Abteilungen, hielten Andachten für die Heimat ab, verteilten Medaillen der Schwarzen Madonna von Tschenstochau und segneten die Gläubiger.
          Sie mussten auch Gottesdienste abhalten (manchmal 3 x täglich), Beichten ablegen, Kommunion erteilen, die Letzte Ölung den Verletzten und Sterbenden erteilen, Absolution in articulo mortis erteilen, die Gefallenen und Toten beerdigen, Todesprotokolle ausfüllen, Depot nach Verstorbenen absichern sowie Ehen zwischen den Soldaten schließen, aber auch die Verwundeten pflegen usw.
          Die Militärseelsorger nahmen am Leben der Kreis-Kommandanturen der Heimatarmee im Bereich der Verbindung, Presse, einigen organisatorischen und taktischen Besprechungen teil Die Bedingungen der Aufstands-Kampfes und das Dasein der Zivilisten sowie ihre traumatischen Erlebnisse machten das Geleit der Seelsorger zum etwas besonderes und ihre Rolle hatte eine außergewöhnliche Bedeutung. In den späteren Phasen der Kampfes, als die aufständischen Abteilungen sich zurückziehen mussten oder durch die Kanäle flüchteten, blieben die Militärseelsorger mit den Verletzten und Zivilisten.
          Außer ihren normalen Pflichten halfen sie auch Menschen aus brennenden Gebäuden zu retten. Sie retteten auch Reliquien, sicherten die Schätze der Kirchen ab, wie z.B. die Verlegung des Sargs vom Heiligen Andrzej Bobola von der Kirche des Jesuitenordens zur Kirche des Heiligen Hyazinth auf der Fret-Str. und die Rettung des, aus Nürnberg stammenden, Kruzifix aus dem XIV. Jahrhundert.
          Der Kommandant des Warschauer Kreises der Heimatarmee und der Kommandant des Aufstands in Warschau, der Gen. Antoni "Monter" Chrusciel hat am 11. August die Seelsorge-Verordnung (Befehl Nr. 14) über die Einführung in Abteilungen einheitlicher Morgen- und Abend-Gebete, das Abhalten, dort wo es möglich ist, von Andachten fürs Militär, Ablegung von Beichten und Erteilung der Kommunion, Beerdigung der Gefallenen und Verstorbenen (dies gehörte zu den Pflichten des Militärseelsorgers oder des Kommandanten der Abteilung), die Niederschreibung von Sterbe-Protokollen (Aufgabe der Militärseelsorger, Kommandanten oder Krankenhäusern; das Schicken der Unterlagen zur Militär-Pfarrei oder zum Chef der Seelsorge bei der Bezirk-Kommandantur), die Absicherung der Wertsachen des Verstorbenen (an den Chef der Seelsorge bei der Bezirk-Kommandantur schicken), die Führung der Evidenz der Gräber, die Sendung von Berichten (in der Zukunft von wöchentlichen) von der Seelsorge auf der Front, in Sanitätswachen und Feld-Krankenhäusern, herausgegeben. Im nächsten Befehl (Nr. 19) regelte Gen. Chrusciel die Angelegenheit der Trauungen zwischen Mitgliedern der Heimatarmee. Man musste u.a. die Einwilligung des Chefs des Seelsorge-Dienstes erhalten.
          Die Umstände sorgten dafür, dass einige Pflichten der Militärseelsorger nicht ausführbar waren. Und so z.B. regelmäßige Berichte zu dem Chef der Seelsorge und Sachen der Gefallenen konnte man nur in der Innenstadt zuschicken. Auch Entscheidungen über Erteilung einer Trauung mussten ohne der Einwilligung von Priester Oberst "Biblia" getroffen werden. Oft konnte man kein Sterbeprotokoll anfertigen, der u.a. Berichte von Zeugen darüber wie und wann der Soldat starb beinhalten musste.
          Vom ersten Tag des Aufstands erteilten sieden Zivilisten, Verletzten Hilfe, hielten Messen ab, legten Beichten ab und organisierten Bestattungen für Soldaten und Zivilisten. Sonstige Geistlichen sowie Kloster halfen auch den kämpfenden Soldaten, sehr oft begleiten sie die Aufständischen während des Kampfes an der Front. Sie erfüllten ihre Pflichten in den Abteilungen und Feld-Krankenhäusern, assistierten bei Bestattungen und sicherten Wertsachen der Gefallenen ab sowie führten Listen betreffend der Gräber.
          Viele Priester und Mönche übernahmen de facto die Pflichten der Militärseelsorger, trotz der Tatsache, dass sie niemals eine formelle Ernennung erhielten. In den Sonder-Umständen des Aufstands, wo die Front überall war, kam es zu enger Zusammenarbeit der Militärseelsorger und Pfarrer. Sie hatten jedoch separate Strukturen und Pflichten. Die Zusammenarbeit war so eng, so dass die Besonderheit der beiden Seelsorger-Dienste sich vermischte. In der Innenstadt, wo die Arbeitsbedingungen am besten waren, konnten die Militärseelsorger Gespräche mit den Soldaten fuhren. Die Erfüllung der Pflichten der Militärseelsorger sowie gemeinsame Gottesdienste für die Bevölkerung und den aufständischen Abteilungen stärkten die Bindung zwischen den Bewohnern der Hauptstadt und Soldaten.

          Der enorme Anstieg der Religiosität während des Aufstands steigerte zwischen den Bewohner von Warschau den Bedarf am Anteil am sakramentalen Leben. Dies hatte zu Folge, dass der Klerus neue Pflichten erfüllen musste. Einige Priester hielten je 2-3 Gottesdienste pro Tag ab, und am Sonntag sogar 3-4. Dies taten sie sehr oft unter feindlichen Beschuss. Stundenlang nahmen sie Beichten ab.


Gottesdienst im Hof des Theaters "Nowosci" an der Mokotowska-Str. 73.

          Wenn viele Kirchen zerstört oder beschädigt wurden und unter den Bewohner Warschaus die Überzeugung, dass der Feind vorsätzlich die Gotteshäuser bombardiert, wuchs, wurden die Gottesdienste in Toren der Häuser und privaten Wohnungen vor Altären und Figuren der Gottesmutter sowie in Höfen vor Kapellen abgehalten.


Gottesdienst in einem Haus in Zoliborz

          Nachdem allmählich die Bebauung zerstört wurde, heilt man Andachten öfter in Kellern ab; deshalb wurden sie Katakomben-Gottesdienste genannt. Ornate, Paramente und sonstige liturgische Ausrüstung wurden aus Kirchen geliehen. Wenn es keine gab, wurde Küchengeschirr benutzt. Auch von Kirchen haben die Militärseelsorger Wein und Hostien bekommen.
          Eine wichtige Aufgabe der Seelsorge-Diensts während des Aufstands war die "Aufrechterhaltung der Moral" und den Menschen und Soldaten Mut zu machen. Um dieses Ziel zu erlangen, hat die Seelsorge weit und breit die kirchlichen, staatlichen und militärischen Feiertage sowie historische Jahrestage verwendet. Feierliche Andachten hielt man am 6. August, zum Jahrestag des Abmarschs der I. Kader-Kompanie, ab. Die feierliche Andacht mit einer patriotischen Predigt und einer Defilee einer aufständischen Kompanie hat einen guten Eindruck auf den Bewohnern der Altstadt gemacht. Am 15. August, am Tag des Polnischen Soldaten und der Maria Himmelfahrt samt dem "Wunder an der Weichsel" wurden, wo man nur konnte, Gottesdienste abgehalten. Zum Jahrestag des Ausbruchs des Kriegs gedenkte man an die Gefallenen Verteidiger der Heimat.
          Am 22. September, anlässlich der Reorganisation der aufständischen Abteilungen im Warschauer Korps der Heimatarmee hat der Priester Major/Oberstleutnant Stefan "Biblia" Kowalczyk ein "Appell an die Soldaten" erlassen. Er hat den Wert des Eides, der Ehre und Tugenden eines Soldaten hervorgehoben. Diese Werte könnten in der Zukunft auf Probe gestellt werden.
          Gemäß der, vom Papst erteilten, Einwilligung für Militärseelsorger an der Front, konnten sie drei Gottesdienste pro Tag abhalten. In vielen Abteilungen erteilten die Militärseelsorger den Soldaten vor einer Schlacht Absolution und Kommunion.
          Die extrem schweren Lebensbedingungen während des Aufstands sorgten dafür, dass immer mehr Menschen, Zivilisten sowie Soldaten, sich an Gott wendeten.
          Ein wichtiges Element des religiösen Lebens der Bewohner der Hauptstadt und des Militärs während des Aufstands bildeten die Andachten. In den ersten Tagen des Aufstands, in den befreiten Stadtteilen, wurden feierliche Dankgottesdienste abgehalten. Zum ersten Mal seit vielen Jahren wurden, zu den Klängen der Orgel, religiöse und patriotische Lieder, die durch den Okkupanten verboten wurden, gesungen. Für viele Gläubiger war schon ein großes Erlebnis die Tatsache, dass man in der befreiten Stadt, zum ersten Mal seit 5 Jahren, einen Gottesdienst, ohne sorgen, abhalten konnte. Mann konnte auch polnische Lieder singen und den Gottesdienst nach polnischer Tradition abhalten.
          Während der nächsten Tagen versuchten die Priester jeden Morgen und Abend Andachten abzuhalten; Über den Gottesdienst wurden die Menschen durch die aufständische Presse und Anzeigen, die auf Straßen hingen, informiert. Man wählte eine solche Stunde, in der der deutsche Beschuss relativ schwach war.
          Weil die Anzahl der Menschen, die am Gottesdienst teilnehmen wollte, immer hoch war, haben die Priester die Gottesdienste täglich auch außerhalb der Kirchen abgehalten, wie z.B.: in Krankenhäusern, in Höfen, auf den Rasen, in Pforten, in Kellern und Privathäusern. Man betete in großer Konzentration. In der Regel ging jeder der Teilnehmer des Gottesdienstes zur Kommunion. Die Andachten gestatteten den Menschen zumindest für eine Weile nicht an den Kampf zu denken und Mut dank dem Glauben an Gott zu schöpfen.
          Nach einer Weile und infolge der immer schlechteren Lebensbedingungen in den Stadtvierteln, die unter dem feindlichen Einfluss standen, mussten die Gottesdienste in Kellern der Kirchen und Mietshäusern abgehalten werden. Es kam auch zu solchen Situationen, dass kurze Gebete direkt auf Straßen abgehalten wurden, unter der Leitung eines getroffenen Priesters. Zu den Beteten stießen andere Gläubiger dazu. Eine solche Gruppe wurde immer größer und konnte die Aufmerksamkeit des Feindes auf sich lenken. Deshalb haben die Kommandanten des Aufstands in verschiedenen Stadtteilen um Vermeidung solcher Treffen, aufgrund der Gefahr eines Luftangriffs, appelliert. Jedoch der Bedarf eines Gebets war manchmal so groß, so dass die Sicherheitsvorkehrungen nicht beachtet wurden. Deshalb wurden so viele Gläubiger getötet oder verletzt, indem sie versuchten rechtzeitig auf ein Gottesdienst oder Andacht zu gelangen.
          Sämtliche Berichte begründen den religiösen Eifer der Bewohner in solchen tragischen Tagen. Mehrfach wurden Beichten direkt auf Straßen erteilt, indem man ein Priester um Absolution bat.


Gespräch mit dem Priester an der Straßensperre an der Dobra-Str.

          Dieselbe für alle Gefahr beseitigte Unterschiede in der Weltanschauung. Den religiösen Eifer zeigten auch Personen, die früher liberal gegenüber der Kirche waren. Ein römisch-katholischer Priester war gern bei dem Gläubigen der evangelischen Konfession empfangen. Wenn ein Militärseelsorger sich in einem Krankenhaus befand, dann sind meistens alle zur Beichte gegangen und zur Kommunion beigetreten.
          Meistens sang man zum Ende der Andacht das Lied: Gott, der du Polen mit dem Refrain Befreie unsere Heimat, o Gott mit der Zugabe der folgenden Strophe: Nur ein Wort von Dir, mein Gott, wird uns von der Asche wieder erheben und wenn ich bestraft werden sollte, will ich wieder zu Staub werden, aber zu einen freien Staub.
          Die Soldaten hielten die Angelegenheit des Glaubens für "sensibel" und sogar als Schwäche. Im Allgemein sprach man nicht öffentlich über den Glauben; nur in kleinen Gruppen diskutierten man von Zeit zur Zeit über Religion und die katholische Ethik Jedoch wenn ein Militärseelsorger am Wachposten anwesend war, gingen alle Soldaten zur Beichte und traten zur Kommunion bei. Wenn die Umstände günstig waren, gingen ganze Abteilungen, vor Aufbruch auf eine Aktion, zur Beichte.

          Der harte Kampf, ständige Luftangriffe und Beschösse sorgten dafür, dass Bestattungen ein alltägliches Element des Lebens der Bewohner von Warschau waren. Je mehr die Stadt zerstört war und je mehr Verluste es gab, desto änderte sich der Charakter der Bestattungen. Während der ersten Tagen des Aufstands, als die Zahl der Opfer noch niedrig war und die Militärseelsorge noch nicht angemessen organisiert war, wurden die Gefallenen durch ihre Kumpanen dort begraben, wo sie starben oder in der unmittelbaren Nähe des Schlachtfelds. Das Geleit wurde von einheimischen Geistlichen erteilt. Der Priester sprach ein Gebet und verzeichnete meistens die Personalien des Gefallenen und den Ort der Beerdigung (falls die Bestattung auf dem Gebiet seiner Pfarrei stattfand). Er durchführte auch eine entsprechende Eintragung im Pfarrei-Buch.
          Die Priester, die die Pflichten der Militärseelsorger übernahmen, versuchten Ordnung einzuführen, um leichter die Gräber der Soldaten einer Abteilung nach der Beendigung des Aufstands zu finden. Die Gefallenen wurden hinter der Front begraben, in festen Stellen z.B. Höfen, um Krankenhäusern herum usw.


Friedhof an der Skorupki-Str.

          Särge wurden während der ersten Woche verwendet. Später, wegen der Ersparnis, wurden die Gefallenen am Boden oder am Deckel des Sargs, der mit Türen, Bretter usw. zugedeckt war, begraben. Wenn dies ausging, wurde die Leiche mit Umhängen und Bettlacken umwickelt. Zum Ende der Kämpfe deckte man nur die Gesichter mit einem Stück Material zu. In dem Sarg steckte der Militärseelsorger eine Flasche mit Dokumenten des Verstorbenen ein. Wenn er solche Dokumente nicht besaß, dann ein Blatt mit Angaben, die er von den Kollegen des Verstorbenen erhielt.
          In der Innenstadt wurden die Abschriften dieser Dokumente samt Information über den Ort der Bestattung an die Führung der Seelsorge übersendet. Dort gelangen auch sämtliche Andenken, die der Militärseelsorger auffinden konnte. In Stadtvierteln die keine Verbindung mit der Führung der Seelsorge hatten, haben die Militärseelsorger sämtliche Angaben aufbewahrt. Die Mehrheit der Dokumentation ging während der Kämpfe und nach dem Aufstand verloren.
          Man bemühte sich, dass die Beerdigungen der Soldaten eine Begleitung des Militärs haben. Während der ersten Tage des Aufstands nahm an den Beerdigungen der Befehlshaber der Abteilung des Verstorbenen, als auch seine Kumpanen teil. Danach, der Sicherheit halber, wurde die Zeremonie zum Minimum verkürzt, und die Schonung von Munition sorge dafür, dass selten die Ehrensalve abgefeuert wurde. Es passierte auch, dass die Beerdigung die Aufmerksamkeit des Feindes weckte, vor allem der Flieger, die die Teilnehmer unter Beschuss nahmen.


Beerdigung eines Gefallenen Aufständischen im Hof des Gebäudes der Fakultät für Architektur an der Technischen Universität Warschau an der Lwowska-Str.

          Meistens hat einer, an der Beerdigung teilnehmender, Soldat ein Paar Wörter gesagt, der Militärseelsorger hat ein kurzer Gebet abgehalten, danach zuschüttete man das Grab. Am Grab stellte man ein Kreuz mit den Angaben über den Toten, manchmal hängte man an den Kreuz sein Helm. Immer häufiger wurden jedoch Massengräber für einige Gefallene aus einer Abteilung errichtet. Beerdigungen der zivilen Bevölkerung fanden ohne militärische Begleitung statt. Jedoch, wenn am Ort kein anderer Geistlicher anwesend war, hat ein Militärseelsorger seine Pflichten übernommen.
          Da die Anzahl der gefallenen Zivilen immer größer, aufgrund der Bombardierungen und Beschösse, wurde, fing man an die Verstorbenen in Massengräbern zu beerdigen. Immer öfter dienten Trümmer eines zerstörten Hauses als Massengräber. Man konnte einfach die Leichen nicht mehr herausbringen. Man stellte nur eine Kreuz mit Information über die Toten und der Priester heilt ein Gebet ab.
          Ende des Aufstands gab es so viele Gefallene, so dass man mit den Beerdigungen nicht nachkommen konnte. Des Öfteren lagen die Leichen einige Tage in der Sonne bis man sie begrub. Eine große Behinderung war der Mangel an entsprechenden Werkzeugen, weil die steinerne, harte Erde den Gebrauch von Spitzhacken erforderte. Im Prinzip begrub man nicht in einem Massengrab Soldaten und Zivilisten. Zum gemeinsamen Grab wurden Trümmer eines zerstörten Hauses, die die Bewohner und Soldaten zuschütteten. Auch in Krankenhäusern, wenn die Zeit und die Möglichkeit einer Organisation einer separaten Beerdigung für die immer mehr Toten fehlte, wurden in gemeinsamen Massengräber Soldaten und Zivilisten begraben.
          In Massengräbern, ohne einer Begräbniszeremonie und des Dienstes eines Priesters wurden Tausende von Menschen aus Warschau, die durch den Okkupanten in eroberten Stadtteilen ermordet wurden, begraben.

          Während des Aufstands gab es auch fröhlichere Zeremonien. Viele junge Menschen beschlossen eine Ehe zu schließen. Es waren vor allem junge Aufständische, Pfadfinder, Studenten, Soldaten und Krankenpflegerinnen. Meistens stammen die Brautpaare aus derselben Abteilung.
          Die Bezirkskommandantur erteilte am 18. August 1944 den Sonderbefehl 19 Punkt 4/IV, der die Eheschließungen regelte.
          Angesichts der Eheschließungen zwischen Personen der Heimatarmee wird folgendes angeordnet:
          1. Was die bisher geschlossenen Ehen angeht, An die Führung der Seelsorge genaue Berichte mit der Nennung der Namen, Anschrift und Zuteilung des Brautpaars samt Nennung des Namens des Priester, der die Ehe segnete, zuschicken.
          2. Für zukünftige Eheschließungen sind die Militärseelsorger verpflichtet in Kontakt mit dem Chef der Seelsorge, um eine entsprechende Entscheidung zu bekommen, zu treten. Falls der Kontakt nicht erfolgen kann, sollte das zukünftige Brautpaar sich an die nächste römisch-katholische Pfarrei wenden.

          Der Wille einer Eheschließung sollte man dem Kommandant der Abteilung melden. Er informierte danach einen Militärseelsorger. Im Falle von Minderjährigen wurde die Erlaubnis des Dekans oder der Eltern erfordert. In Anbetracht des ständigen Kampfs und den Schwierigkeiten mit den Eltern in Kontakt zu treten, war dies nicht immer möglich.
          Trotz der Anordnung mussten die Militärseelsorger selbst die Entscheidung über eine Eheschließung treffen. Während des Aufstands wurden mindestens einige Dutzend Ehen geschlossen. Es gibt jedoch kein Verzeichnis das dies Bestätigen könnte. Der Priester Dekan "Biblia'" hat selbst ein Dutzend geschlossen, darunter u.a. dem später berühmten "Kurier aus Warschau" Jan Nowak (Zdzislaw Jezioranski). Eine Eheschließung hat religiöse, soziale, familiäre und rechtliche Bedeutung, besonders nach dem Tod eines Aufständischen, der eine Witwe hinterließ. Ehen wurden in Kirchen und Kapellen und sogar in Krankenhäusern, Kellern und Wohnungen in der Altstadt, in Mokotow, Zoliborz, Powisle geschlossen. Am meisten in der Innenstadt.


Eine aufständische Trauung im "Kilinski" Bataillon an der Monuszki-Str. 11.

          In der Altstadt kam es zur Eheschließung zwischen dem Kommandanten des Bataillons "Parasol" Unterleutnant Jerzyn "Jeremi" Zborowski und der Verbindung-Unteroffizierin Janina "Nina" Trojanowska; In der Kirche an der Dluga-Str. zwischen Lidia "Akne" Kowalska" und Krystyn "Zawala" Strzelecki.
          Es war schwer die Trauringe zu bekommen. Oft wurden sie von u.a. Eltern geborgt oder man versuchte sie auf verschiedene Art und Weise zu beschaffen z.B. im Tausch gegen Konserven. So haben ihre Trauringe aus Kupfer der Oblt. Zdzislaw "Jan Nowak" Jezioranski und seine zukünftige Ehefrau Jadwiga "Greta" Wolska erobert.
          Junge Paare ließen sich in Kleidungen, in denen sie kämpften, trauen. Einige Bräute konnten ein weißes Kleid erlangen. Der Brautstrauß wurde oft aus Petunien, die auf Balkonen der Warschauer Mietshäusern wuchsen, gemacht. An der Zeremonie nahmen meistens Freunde und Bekannte aus den Abteilungen oder Pfandfindergruppe teil. Manchmal musste man die Zeugen kurz vor der Zeremonie benennen, denn sie wurden in der letzten Minute zum Einsatz berufen. Informationen über Eheschließungen wurden in der aufständischen Presse bekannt gegeben.

          Während des Aufstands erfüllten über 100 Militärseelsorger ihre Pflicht. Außer ihnen halfen auch Priester und Nonnen. Schon früher beteiligte sich die evangelisch-augsburgische Kirche an den konspirativen Handlungen und den Aufstands-Kämpfen.
          Einige mussten den höchsten Preis für ihre Tapferkeit zahlen. Ungefähr 40 Militärseelsorger fanden den Tod. Auch Priester, Mönche und Nonnen teilten ein solches schreckliches Schicksal.
          Am 2. August haben SS-Männer in Mokotow im Kloster des Jesuitenordens an der Rakowiecka-Str. 35 Personen, darunter Ordensbrüder und einige Zivilisten, erschossen und mit Granaten ermordet. Dort starb u.a. der Superior Priester Edward Kosibowicz. Die Leichen wurden mit Benzin begossen und in Brand gesteckt.
          Am 5. August haben SS-Männer in der Kirche des hl. Laurentius am Altar den Priester Mieczyslaw Krygier, den Militärseelsorger der Heimatarmee und Vorsitzenden von "Caritas", ermordet. Am 6. August wurden der Prof. Janusz Zeyland, Dr. Marian Piasecki und der Priester Kazimierz Ciecierski, der Militärseelsorger des Krankenhauses in Wola, ermordet.
          Am 6. August sind Nazis ins Kloster der Redemptoristen an der Karolkowa-Str. eingedrungen. Alle 30 Pater und Mönche wurden in die Kirche des hl. Adalberts gebracht, danach ins Lager der Agrarmaschinen (Wolska Nr. 81), wo alle erschossen wurden.
          Unter den 350 Opfern des Mordes im Krankenhaus des hl. Lazarus in Wola befanden sich 7 Benediktinernonnen.
          Am 8. August haben die Deutschen auf Moczydole den Priester Roman Ciesiolkiewicz und zwei Vikare (Stanislaw Kulesza und Stanislaw Maczka) erschossen.
          Am 11. August haben die Söldner der SS-RONA an der Wawelska-Str. in Ochota den Priester Prof. Jan "Jan" Salamucha, den Dekan des IV. Kreises der Heimatarmee, ermordet.
          Am 12. August haben die Deutschen den Salesianer Priester Glab erschossen.
          Am 30. August starb, im Gebäude der Kongregation der Nazaretharinen an der Czerniakowska-Str. 137, der Prälat Walery (Walerian) Ploskiewicz, Militärseelsorger des an der Front gelegenen aufständischen Krankenhauses. Er wurde durch einen deutschen Soldaten, der eine Gruppe von Zivilisten nach der Eroberung des Krankenhauses eskortierte, erschossen. Dies ereignete sich als der Militärseelsorger nach einem Brevier umkehre wollte.
          Nachdem das Krankenhaus in Powisle eingenommen wurde, haben die Deutschen den Militärseelsorger dieser Einrichtung den Pater Jan "Ojciec Michal" Czartoryski erschossen. Obwohl er sich retten konnte, wollte er die Verletzten des Feldkrankenhauses nicht verlassen. Er starb mit ihnen.
          Am 23. September fiel, samt dreißig Soldaten der Heimatarmee und der Polnischen Armee, der Preister Jozef "Rudy" Stanek in die deutschen Hände. Der Kommandant der Abteilung wurde erschossen und der Priester Stanek wurde auf seiner Stola erhängt.
          Jan "Ojciec Michal" und Jozef "Rudy" Stanek wurden 1999 durch den Papst Johannes Paul II. samt 108 anderen Menschen als Märtyrer des II. Weltkriegs selig gesprochen.
          Einige Priester fielen als Soldaten, indem sie ihre Pflicht am Schlachtfeld erfüllten. Andere starben unter Trümmern von zerstörten Häusern, in Krankenhäusern und Gebäuden wo Kapellen errichtet wurden. Ein solches Schicksal teilten ein paar Dutzend Nonnen. Eine Reihe von Militärseelsorger wurde verletzt, einige sehr ernsthaft.

          Die Haltung der Militärseelsorger und des ganzen Klerus wurde durch die Kommandantur des Warschauer Aufstands als sehr gut bewertet. Fünf Militärseelsorger wurden zum Pfarrer befördert, 14 andere wurden zum Obermilitärseelsorger des Krieges ernannt. Den Jesuitenpriester: Pater Major Jozef "Ojciec Pawel" Warszawski - Militärseelsorger der Konzentration "Radoslaw" und Pater Tomasz "Ojciec Tomasz" Rostworowski - Militärseelsorger des Bataillons "Gustaw" wurde der Virtuti-Militari-Orden verliehen.


Der Priester Jozef "Ojciec Pawel" Warszawski - Militärseelsorger der Konzentration "Radoslaw"

          29 Militärseelsorger erhielt den Tapferkeitsorden, ein Militärseelsorger den Verdienstkreuz mit Schwertern und vierzehn Militärseelsorger den Silbernen Verdienstkreuz mit Schwertern. Viele Auszeichnungen wurden nach dem Krieg verliehen.

          Die Militärseelsorger taten ihren Dienst bis zum Ende des Aufstands. Im Kampf und Chaos vertieften Stadt, haben sie daran erinnert, dass die Menschlichkeit verpflichtet. Die Priester versuchten die Religion weiterhin zu bewahren. Dies taten sie für die vertriebenen aus Warschau Zivilisten Die Priester der Pfarrei des hl. Adalberts in Wola haben tagelang Beichten und Kommunionen erteilt.
          Nach der Kapitulation des Aufstands haben die Pallottiner im Übergangslager 121 in Pruszkow die Seelsorge übernommen. Die Aussiedler, die sich außerhalb des Lagers von Pruszkow befanden, wurden von Priestern dieser Pfarrei, wo sie vorübergehend Schutz fanden, umsorgt. Die Einträge darüber befinden sich in den Unterlagen der jeweiligen Pfarrei. Der Diözese- und Kloster-Klerus ging zum Übergangslager in Pruszkow mit den überlebenden Bewohner aus Ochota, Wola und der Altstadt, die aus der Hauptstadt vertrieben wurden.
          Im Lager gab es eine Seelsorge, die erst nach dem 18. August als der Bischof Antoni Wladyslaw Szlagowski, der seit September 1942 die Warschauer Erzdiözese leitete, das Lager besuchte, fing an eine Form anzunehmen. Der Bischof erwirkte die Entlassung von Nonnen, der Militärseelsorger und von älteren und kranken Menschen. Zum Militärseelsorger des Lagers wurde der Pallottiner Priester Wiktor Bartkowiak ernannt. Zur Hilfe hatte er zwei andere Pallottiner: die Priester Jan Mackowski und Marian Sikora. Außer ihren Pflichten nachzugehen, haben die Ordensbrüder auch materiell den Menschen geholfen, sie haben Familien verbunden, sie sorgten sich um Ernährung und Medikamente. Die Geistlichen bleiben in Pruszkow bis zur Auflösung des Lagers. Dies erfolge im Dezember des Jahres 1944.
          Nach der Kapitulation des Aufstands haben die Geistlichen die Stadt zusammen mit der Armee und der Bevölkerung verlassen. Mit den Aufständischen gelangen auch: der Priester Oberstleutnant Stefan "Biblia" Kowalczyk und 5 Militärseelsorger, in Gefangenschaft, um im Gefangenenlager ihren Pflichten nachzugehen. Den sonstigen Militärseelsorgern wurde eine Bescheinigung über Entlassung ausgestellt. Einigen Militärseelsorgern ist es gelungen aus der umzingelten Stadt zu entkommen. Der Priester Major Waclaw "Andrzej Bobola" Karlowicz - Militärseelsorger der Bataillone "Gustaw" und "Antoni" und danach des Krankenhauses an der Dluga-Str. 7 - wurde, nach der Evakuierung von der Altstadt nach Zoliborz durch die Kanäle, zum Militärseelsorger der Kampinoski-Abteilungen.
          Zum neuen Obermilitärseelsorger der Streitkräfte wurde der Priester Sienkiewicz, der sich zu dieser Zeit in Pruszkow aufhielt, ernannt. Die Ernennung wurde im Oktober 1944 durch den Bischof Gwalina bestätigt. Der Priester Stefan Kowalczyk kehre nach dem Krieg (1945) nach Polen zurück. Er starb im Jahr 1957.

          Drei Monate lang, nach der Kapitulation, hat der Okkupant die Gebäude in verschiedenen Stadtteilen von Warschau zerstört. So wurde der verrückte Befehl von Hitler durchgeführt. Er wollte Warschau total aus der Erdoberfläche entfernen. In Trümmern lag über 70% der Bebauung.
          Kapellen und am Haus gelegene Altäre wurden besonders grausam durch die Nazis behandelt. Sie teilten das Schicksal der Mietshäusern Der Wiederaufbau der Hauptstadt in der neuen politischen Realität und gnmäß den neusten Trends der Stadtplanung strebte zur Zusammenlegung von Grundstücken und zur Abreiße der alten Gebäuden. Die Mehrzahl der, nach dem Krieg erhaltenen, Kapellen wurde auseinander genommen. Ihr Wiederaufbau war wegen der Innen-Migration der Bevölkerung erschwert. Bis zur heutigen Tagen gibt es sie nicht sehr viele. Sie bieten jedoch ein einzigartiges Zeugnis der damaligen Zeit.

          Am Anfang des Jahres 1945 begannen die Bewohner von Warschau zurückzukehren. Nach der Beendigung des II. Weltkrieges kehrten auch die, aus den Gefangenlagern befreiten, Aufständischen zurück. Sofort wurden die Leichen der Gefallenen von den provisorischen Massengräbern auf Friedhöfe verlegt. Die überlebenden Aufständischen haben die Leichen ihrer Kameraden exhumiert und unter der Beteiligung von Militärseelsorgern und Priester sie auf den Powazki-Militärfriedhof transportiert.
          In einem separaten Teil des Friedhofs entstanden Quartiere von einzelnen Konzentrationen und Bataillonen. Beieinander wurden Aufständische, die in Wola, Ochota, Zoliborz, Mokotow, Powisle, Czerniakow in der Alt- und Innenstadt fielen, begraben. Inmitten dem Quartier wurde ein einfacher steinerner Obelisk errichtet. Auf ihm wurde das Virtuti-Militari-Kreuz mit der Aufschrift "Gloria Victis" - Ehre den Besiegten - befestigt. Nach einer Weile, dank der Mühe der Kriegsteilnehmer und ihren Familien, wurden die Holzkreuze durch steinerne ersetzt. Die Gräber der Abteilungen erhielten eine gleichförmige Form. Nur im Quartier der "Szare Szeregi" blieben die Kreuze aus Birke, dieselben die man auf Gräbern von Aufständischen hinstellte.
                    Es gibt auch einen zweiten Friedhof, wo die Opfer des Warschauers Aufstands ruhen. Es ist der Friedhof der Aufständischen Warschauer in Wola an der Wolska-Str. 174/176. Der Friedhof entstand im Jahre 1945. Hier ruhen in namenlosen Massengräbern Tonnen von Asche der ermordeten und verbrannten Bewohner von Wola. Es gibt auch hier aufständische Gräber. Infolge der bewussten Politik der damaligen Regierung sind die Gräber nicht so organisiert wie z.B. am Militärfriedhof. Die Gräber sind von Denkmal "Polegli Niepokonani" überragt.
Die aufständischen Gräber beider Friedhöfe bilden ein dauerhaftes, geschichtliches Zeugnis der damaligen Zeit. Am 1. August jedes Jahr finden an beiden Friedhöfen patriotische Manifestationen statt. An ihnen nehmen Nachgeborene sowie die immer mehr werdende Anzahl der Teilnehmer des Warschauer Aufstands teil. An den Feierlichkeiten nehmen auch Vertreter des Klerus teil.
          Traditionell seit Jahrhunderten hat die Einstellung des polnischen Klerus die Gesellschaft gefestigt, den Patriotismus und Menschenwürde gestärkt. Während der Okkupation sowie in heutigen und schwierigen Zeit hat der Klerus das Volk vor dem Abtöten des Nationalgefühls und dem Verlust der Würde geschützt. Im Endeffekt hat sie dank ihrer Entschlossenheit und Ausdauer zum Erkämpfen der Unabhängigkeit und Souveränität Polens beigetragen.



Bearbeitung: Maciej Janaszek-Seydlitz

Übersetzung: Łukasz Tkocz

Zur Erschaffung dieser Bearbeitung wurden Materialien aus:
"Wielka Encyklopedia Powstania Warszawskiego"
und des Buches von Romuald Sreniawa-Szypiowski:
"Powstanie Warszawskie 1944 - Służby w walce" verwendet.



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