Sanitätsdienst im Warschauer Aufstand

Die Altstadt

          In den ersten Tagen des Warschauer Aufstandes war die Lage in der Altstadt relativ ruhig. Dichte Bebauung und fehlende Wachposten der Deutschen ermöglichten es den Aufständischen, das Gebiet zu besetzen und sich zum Kampf vorzubereiten. Die Lage änderte sich jedoch, nachdem die Deutschen die Bezirke Wola und Ochota eingenommen hatten. Im Anschluss daran gingen sie zum systematischen Angriff auf die Altstadt über. Die Stadtmitte verwandelte sich schnell in eine Festung, die von allen Seiten von den feindlichen Truppen umgeben wurde.
          Die Verteidigungszone verlief bis zu den Häusern der Polnischen Wertpapierdruckerei (PWPW) und der Weichselböschung im Osten, bis zum Schlossplatz und Theaterplatz im Süden, zur Bielańskastraße, den Gettoruinen im Westen und bis zur Stawkistraße, Straßenbahndepot in Muranów und Konwiktorskastraße im Norden.
          In der Altstadt kämpfte die Gruppe „Północ“ unter der Leitung vom Oberst Karol Ziemski, Deckname „Wachnowski“. Vom 11. August an wurden die Altstadteinheiten von den Kräften der Gruppe „Radosław“ verstärkt, die sich aus Wola zurückgezogen hatte. Schwere Kämpfe brachen aus. Die Deutschen benutzten zum Angriff auf die Altstadt die Artillerie, die Luftwaffe, einen Panzerzug, Minenwerfer, Goliaths und auch ein Kanonenboot, das auf der Weichsel zum Einsatz kam.
          In der zweiten Kampfwoche versuchten die Aufständischen zweimal vergeblich, sich mit Żoliborz zu verbinden. Der Versuch, sich Ende August bis zu Śródmieście (Stadtmitte) durchzuschlagen, blieb ebenso erfolglos. Da der Feind unermüdlich anstürmte, schrumpfte das Verteidigungsgebiet dramatisch zusammen. Einige zehntausend Aufständische und Zivilisten waren auf einer kleinen Fläche zusammengepfercht. Aus diesem Grund entschied die Führung, leicht Verwundete und die Kampftruppen durch die Kanalisation nach Śródmieście und Żoliborz zu evakuieren. Die letzten Einheiten verließen die Altstadtruinen in den Nachmittagsstunden. Insgesamt verließen ca. 3 600 Verletzte und Soldaten das Altstadtgebiet. Die meisten landeten in Śródmieście. Vor Ort blieben lediglich Zivilisten sowie die Schwerverletzten in den Krankenhäusern.

          Zu Beginn des Aufstandes verfügte die Altstadt über zwei stationäre Krankenhäuser: das Malteser Lazarett in der Senatorskastraße 42 und das Johannes-von-Gott-Krankenhaus an der Ecke Bonifraterska- und Konwiktorskastraße. Der Sanitätsdienst der Gruppe „Północ“ wurde von Oberst Dr. med. Stefan Tarnawski, Deckname „Tarło“, geleitet.




Oberst Dr. med. Stefan Tarnawski, Deckname „Tarło“


          Das Malteser Lazarett lag auf einem besonders gefährlichen Gebiet zwischen deutschen Wachposten im Sächsischen Garten, dem Wehrmachtshauptquartier am Theaterplatz und der aufständischen Altstadt. Seit dem Ausbruch des Aufstandes wurden ins Lazarett sowohl verwundete Deutsche als auch immer mehr Aufständische eingeliefert. Am 4. August erreichte die Leitung der Sanitätsbehörde der Hauptkommandantur der Heimatarmee (KG AK) mit Oberst Dr. Leon Strehl, Deckname „Feliks“, das Lazarett. Am 5. August wurde Strehl zum Kommandanten des Malteser Lazarettes ernannt.




Das Malteser Lazarett


          Vom 4. August an erhöhte sich die Zahl der Verletzten aus Wola erheblich. Ein Teil wurde im Zentrum der Altstadt in der Barokowastraße 7, Długastraße 7 und Miodowastraße 23 und 24 untergebracht. Eine zusätzliche Station mit sechzig Betten für leicht Verwundete wurde in einem Haus in der Senatorskastraße 36 eingerichtet.
          Am 7. August wurde das Lazarett von einem deutschen Panzer von der Senatorskastraße aus beschossen. Die Deutschen vertrieben die Patienten, die Krankenschwestern und die Einwohner aus den Häusern Nr. 36 und 38. Sie erkundigten sich nach deutschen Patienten, zu denen sie auch gebracht wurden. Da man sich um die Deutschen gut gekümmert hatte, blieb das Lazarett vom Massaker verschont. Diejenigen, die die benachbarten Häuser verlassen mussten, wurden in die Richtung von Pruszków (südwestlich von Warschau) vertrieben, während deutsche Patienten unter dem Schutz eines Panzerwagens mit Krankenwagen bei Nacht abtransportiert wurden.
          Am 14. August marschierte die SS-Kompanie der Brigade Dirlewanger auf das Lazearettgelände ein. Alle Verwundeten und das Personal wurden aus dem Lazarett vertrieben. Die Gesamtzahl der Verletzten und Kranken betrug an dem Tag etwa 200, wobei alle bettlägerig waren. Da das Malteser Lazarett eine Filiale des Ujazdowski Krankenhauses war, entschied Dr. Strahl, die Patienten dahin zu evakuieren. Er hatte den Befehlshaber der deutschen Einheit von seiner Idee überzeugt. Dieser bot Geleitschutz an und die lange Menschenkolonne, umgeben vom Personal in weißen Kitteln, marschierte los durch den Sächsischen Garten voll von deutschen Soldaten. Die Deutschen wurden dabei wahrscheinlich von Strahls tadellosem Deutsch beeinflusst, aber auch von der Bestimmtheit, mit der er behauptete, dass man ihm befohlen hatte, ins Ujazdowski Krankenhaus zu gehen. Von nun an wurde Strahl von seinen Kameraden Moses genannt.




Das Malteser Lazarett – Evakuierung


          Die Kolonne kam heil und gesund in der Królewskastraße an und wurde dann zum Gebäude der Bank PKO in der Jasnastraße weitergeleitet. Einige Tage später richtete man ein neues Krankenhaus in der Zgodastraße 11 mit dem Personal vom Malteser Lazarett ein.
          Im Lazarett blieben immer noch ca. dreißig Verletzte zurück, da man nicht genug Helfer zum Tragen hatte. Am Tag danach ordneten die Deutschen eine bedingungslose Evakuierung an. Dr. Dreyza, der bei seinen Patienten blieb, brachte einige Dutzend Zivilisten zusammen, wodurch er ihnen höchstwahrscheinlich das Leben rettete, und marschierte zusammen mit einem Teil seiner Patienten und einer Flagge des Roten Kreuzes an der Spitze Richtung Wola los. Sie wurden von einem deutschen Soldaten begleitet, der sie vor den unterwegs getroffenen deutschen Truppen schützte. Sie kamen glücklich in dem nach dem Massaker leeren Wola Krankenhaus in der Płockastraße an. Dort besetzten sie die Räume einer Station. In den nächsten zwei Tagen wurde die Operation wiederholt, sodass die restlichen Patienten von der Senatorskastraße verlagert werden konnten.
          Während des Warschauer Aufstandes war die Evakuierung des Malteser Lazarettes eine beispiellose Aktion. Das Lazarett, noch einmal von der Zgodastraße zur Śniadeckistraße 11 verlagert, arbeitete bis zur Kapitulation und wurde dann als Zivilkrankenhaus mitsamt Ausstattung für 120 Kranke nach Piastów evakuiert.
          Das Johannes-von-Gott-Krankenhaus gehörte zum ehemaligen Psychiatrischen Krankenhaus der Universität Warschau. Sein Personal war gut ausgebildet und hingebungsvoll. Es verfügte überdies über eine Gruppe hervorragender Chirurgen. Schon vor dem Aufstand wurde das Krankenhaus mit Medikamenten und Lebensmitteln ausgerüstet. Mit zunehmender Zahl an Verletzten mangelte es jedoch an Platz. Die geisteskranken Patienten in psychiatrischer Behandlung wurden allmählich in kleinere Räume verlagert, weil es an Betten mangelte. Die neuen Patienten wurden auf provisorischen Liegen untergebracht. Die Nachbarschaft der Geisteskranken förderte auch nicht unbedingt ihre Genesung. Am 7. August kam Oberstleutnant Stanisław Tarnawski, Deckname „Tarło“, an. Er wurde von Leutnant Strahl beauftragt, den Sanitätsdienst in der Altstadt zu organisieren. Tarnawski blieb für einige Tage im Krankenhaus.
          Nach dem 10. August befand sich das Krankenhaus in der Nähe der ersten Frontlinie und wurde daher immer öfter beschossen. Man fing an, die Verletzten in das Innere der Altstadt zu verlagern. Aber auch nach dem 12. August, während des Kampfes um die Stawkistraße, wurden verwundete Soldaten massenhaft dort eingewiesen. Schwer Verwundete lagen nebeneinander auf den Tragen neben dem Verbandssaal und dem Operationssaal im Erdgeschoss und warteten, bis sie an die Reihe kamen.
          Dreihundert Verwundete und das Personal wurden in zwei Etappen am 15. und am 20. August in das neu organisierte Krankenhaus im Gebäude des ehemaligen Justizministeriums in der Długastraße 7 verlagert (Raczyński Palast).
          Bis Ende August tobten schwere Kämpfe auf dem Gebiet des alten Krankenhauses. Die Soldaten der Gruppe „Radosław“ kämpften dort bis zum Äußersten mit dem zahlenmäßig überlegenen Feind. Die zum Krankenhaus gehörenden Gebäude wurden vollständig zerstört – die Deutschen benutzten dafür Flammenwerfer. Am 26. August brannten die Keller des Krankenhauses. Die letzten Soldaten der Einheit „Torpeda“ des Bataillons „Miotła“ zogen sich nach einigen Stunden aus den Ruinen zurück.

          In der Altstadt baute man während des Aufstandes ein Netz von Feldlazaretten auf:
          - Das Chirurgische Zentrallazarett 1 in der Długastraße 7 für bis zu 600 Verwundete;
          - Das Chirurgische Lazarett 2 in der Miodowastraße 23 für bis zu 300 Verwundete;
          - Das Feldlazarett 3 in der Miodowastraße 24 für ca. 200 Verwundete;
          - Das Feldlazarett 4 des Bataillons „Gustaw“ in den Räumen unter dem Kloster der Sakramentinerinnen im Neustadtmarkt und ab dem 12. August – in der Kilińskistraße 1/3;
          - Das Feldlazarett 5 der Gruppe „Gozdawa“ in der Przyrynekstraße 4 und später in der Długastraße 15 für ca. 200 Verwundete, bombardiert am 20. August, wobei die meisten Verwundeten und das Personal ums Leben kamen;
          - Das Feldlazarett 6 „Pod Krzywą Latarnią“ in der Podwalestraße 25 mit ca. 200 Plätzen;
          - Das Feldlazarett „Pod Czarnym Łabędziem“ in der Podwalestraße 46 – eine Filiale des Lazaretts 1 – mit ca. 30 Plätzen;
          - Ein Krankenhaus in den Räumen unter der Kirche des Heiligen Hyazinths in der Fretastraße 10 mit ca. 250 Plätzen, früher eine Sanitätswache des Bataillons „Dzik“, bombardiert am 26. August und am 1. September;
          - Das Lazarett der Gruppe „Róg“ in Szlenkiers Gardinenfabrik an der Ecke Świętojerska- und Ciasnastraße, nach der Bombardierung – in der Markthalle in der Świętojerskastraße 3/4;
          - Ein Krankenhaus in der Daniłowiczowskastraße (ehemaliges Gefängnis), das auch als eine Ambulanz für Zivilisten diente;
          - Ein Krankenhaus für Infektionskrankheiten in der Hipotecznastraße;
          - Ein Krankenhaus in der Brzozowastraße;
          - Ein Krankenhaus in der Wertpapierdruckerei im sogenannten Präsidentenbunker;
          - Ein Krankenhaus in der Krzywe-Koło-Straße 4;
          - Ein Krankenhaus Fukiers Weinstube in der Altstadt;
          - Deutsches Krankenhaus für Genesende in der Barokowastraße, benutzt von dem Bataillon „Parasol“ bis zum 14. August, nach der Bombardierung – die Krankenhäuser in der Długastraße 7 und Miodowa 23 und 24 wurden benutzt.
          Außerdem richtete man eine Reihe von Sanitätswachen ein:
          - Der Verbandplatz „Arsenał“ in der Długastraße;
          - Der Verbandplatz „Hala Mirowska“ in der Chłodnastraße;
          - Der Verbandplatz „Muranów“;
          - Der Verbandplatz der Einheit „Bończy“ in der Podwalestraße 19;
          - Der Sonderverbandplatz der Einheit „Bończy“ in der Sakristei der Kathedrale in der Świętojańskastraße;
          - Der Verbandplatz des Bataillons „Parasol“ zuerst im Erdgeschoss und dann im Keller des Krasiński-Palastes;
          - Ein Verbandplatz im Kellergeschoss des Stadtkinos in der Hipotecznastraße 8;
          - Ein Verbandplatz in der Długastraße 27;
          - Ein Verbandplatz in der Długastraße 20;
          - Ein Verbandplatz in der Brzozowastraße;
          - Ein Verbandplatz für die Soldaten der Nationalen Streitkräfte (NSZ) in Gogolewskis Konditorei in der Długastraße 28, nach der Bombardierung – Długastraße 16;
          - Die Sanitätswache für die Soldaten der Volksarmee (AL) am Altstadtmarkt 40 und später in der Fretastraße 5 und Świętojerskastraße 4/6.




Sanitäter auf den Barrikaden in der Piekarskastraße, nahe Rycerskastraße


          Das Chirurgische Zentrallazarett 1 im Raczyński-Palast in der Długastraße 7, dem Hauptsitz des Justizministeriums vor dem Krieg, öffnete am 12. August. Es war notwendig, ein größeres Feldlazarett einzurichten, da das Malteser Lazarett von den Deutschen übernommen wurde und evakuiert werden musste und das Johannes-von-Gott-Krankenhaus befand sich ab dem 10. August auf der Frontlinie. Die Verwundeten, die dort behandelt wurden, mussten in die Altstadt evakuiert werden und wurden später in der Długastraße 7 untergebracht.




Die Ruinen des Krankenhauses in der Długastraße 7 nach dem Krieg


          Das Krankenhaus in der Długastraße 7 diente überdies als Lager für Arzneimittel und Verbandsmaterial, mit denen andere Krankenhäuser und Verbandplätze der Fronttruppen versorgt wurden. Es gelang, einen Teil der Arzneimittel und der Gerätschaften aus dem Johannes-von-Gott-Krankenhaus zu retten, der Rest wurde aus den benachbarten Apotheken und Drogerien requiriert. Die Lebensmittel kamen aus den Lagern in der Stawkistraße, während das Bettzeug und die Betten von der Zivilbevölkerung als Spende gegeben wurden. Das Sanitätsmaterial wurde nach dem 20. August aus Śródmieście durch die Kanalisation geliefert.
          Am Anfang befand sich in der Długastraße 7 ein Lazarett des Bataillons „Wigry“, geleitet von Dr. Izabela Niedźwiecka, Deckname „Bela“. Zum Kommandanten des neuen Krankenhauses wurde am 13. August Major der Reserve Dr. Adolf Falkowski ernannt, der bis dahin Leiter des Johannes-von-Gott-Krankenhauses war. Das Chirurgenteam kam ebenso aus dem Krankenhaus. Man hat hier auch eine Gruppe von erfahrenen Krankenschwestern und Sanitäterinnen aus diversen Kampftruppen komplettiert. Den Verwundeten ging es gut, da sie von den ihnen bekannten Krankenschwestern gepflegt wurden.
          Immer mehr Verwundete wurden ins Krankenhaus gebracht. Nach der Explosion eines Panzerfahrzeugs am 13. August in der Kilińskistraße, als eine große Zahl von Verwundeten eingeliefert wurde, ordnete Oberstleutnant Stanisław Tarnawski, Chef der Sanitätsgruppe „Północ“, an, die leicht Verwundeten und die Genesenden in den Kellerräumen und Wohnungen im Erdgeschoss und im ersten Stock in der Podwalestraße bis zur Fretastraße unterzubringen.
          Die Verwundeten lagen überall: in und neben den Betten und im Flur auf Matratzen, Tragen und Decken. Sie wurden rund um die Uhr operiert. Bis Ende August hat man ca. 1000 Operationen durchgeführt. Es waren sowohl größere als auch kleinere Eingriffe, wie z. B. Laparotomie, Darmresektion, Trepanation, Amputation der Glieder und Brustkorboperationen. Als Desinfektionsmittel verwendete man Valvanol, während Äther als Narkosemittel diente. Darüber hinaus wurden auch Transfusionen von Blut und Blutersatzflüssigkeiten durchgeführt. Das Krankenhaus war imstande, selbst elektrischen Strom mithilfe eines Dynamos zu erzeugen, Kerzen waren aber auch im Einsatz. Mit der Zeit spürte man den zunehmenden Mangel an Betten und Bettwäsche mehr und mehr. Der Zugang zu Frischwasser wurde auch problematischer. Das Krankenhaus wurde regelmäßig durch die Artillerie beschossen und bombardiert. Am 19. August wurde der zweite Stock zerstört und die Verwundeten mussten in die Kellerräume verlagert werden.
          Als der Versuch scheiterte, bis zu Śródmieście durchzustoßen, entschied die Leitung der Gruppe „Północ“, die leicht Verwundeten, die Mehrheit der Sanitäter und Kampftruppen Ende August durch die Kanalisation nach Śródmieście und Żoliborz zu evakuieren. Die letzten Soldaten betraten die Kanalisation in der Nacht vom 1. auf den 2. September. In den Altstadtruinen blieben zigtausend Zivilisten sowie viele schwer verletzte Aufständische und Zivilpersonen zurück. Diese wurden von einer Gruppe Sanitäter betreut. Die Sanitäterinnen begannen, die Verwundeten aus verschiedenen Verbandplätzen und Lazaretten in das Krankenhaus in der Długastraße 7 zu verlagern – in der Hoffnung, dass dies ein sicherer Ort wäre.
          In den Morgenstunden des 2. Septembers marschierten die ersten deutschen Truppen vom Schlossplatz in die Altstadt ein. Bald danach kamen die Deutschen am Krankenhaus in der Długastraße 7 an. Das Personal und die Kranken und Verwundeten, die imstande waren, selbstständig zu laufen, wurden dazu gezwungen, das Krankenhaus zu verlassen. Die schwer Verletzten sollten verbleiben. Die Menschenkolonne wurde dann über Podwale zum Schlossplatz angetrieben. Dabei richtete man diejenigen Aufständischen, die für Banditen gehalten wurden, auf der Stelle hin. Im Krankenhaus fand ein Massaker an den Schwerverwundeten statt. Bettlägerige Patienten wurden mit automatischen Schusswaffen erschossen. Außerdem wurden Handgranaten in die Räume geschleudert. Einige sind lebendig in den Häusern, an die Feuer gelegt wurde, verbrannt worden. Die Leichen der Ermordeten wurden mit Benzin übergossen und angezündet. Ihre Überreste verblieben bis zum Januar 1945 dort zurück. Späteren Ermittlungen zufolge sind im Krankenhaus in der Długastraße 7 ca. 200 Menschen ermordet worden.




Die verbrannten Menschenreste verwundeter Aufständischer in den Räumen und im Hof des Krankenhauses in der Długastraße 7


          Ein ähnliches Schicksal erlitten schwer verletzte Aufständische und Zivilisten in anderen Krankenhäusern, wie z. B. in den Krankenhäusern „Pod Krzywą Latarnią“ und „Pod Czarnym Łabędziem“. Es ist schwierig zu bestimmen, wie viele Verwundete in der Altstadt durch eine Kugel oder Handgranate ums Leben kamen und wie viele den Märtyrertod in den Flammen erlitten. Es gelang nur wenigen, sich vor den Mördern zu verstecken. Diese wurden am 5. September vom Polnischen Roten Kreuz (PCK) gerettet, das nach Überlebenden am hinteren Teil der Kirche des Heiligen Hyazinths in der Gegend von der Starastraße suchte, oder aber erst nach der Kapitulation der Aufständischen im Oktober.
          Diejenigen, die man aus der Altstadt vertrieb, wurden über Trümmer und Ruinen nach Wola geleitet. In der Kirche des Heiligen Stanislaus segregierte man die Verwundeten vorläufig. Anschließend wurde ein Teil weiter nach Ursus und Pruszków geschickt, während der Rest in das Wola Krankenhaus gebracht wurde. Viele verstarben vor Erschöpfung bereits auf dem Weg dorthin. Ein großer Teil der Verwundeten wurde ermordet.
          Der nächste Bezirk war der unerbittlichen Grausamkeit der Vertreter des Herrenvolkes zum Opfer gefallen.

Maciej Janaszek-Seydlitz

Übersetzung: Monika Kraehmer


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